Der unverwüstliche Gallier

Peugeot 309 Graffic Diesel

Nach meinem ersten eigenem Auto, einem froschgrünen Opel Kadett C mit drei Wochen Rest-TÜV für 30,- DM und der darauffolgenden Odyssee mit einem 1302er Käfer wollte ich mir endlich mal ein vernünftiges, komfortables, zuverlässiges und sparsames Auto zulegen. Noch geprägt von den traumatischen Fahrschulerlebnissen auf einem 54PS Golf II Diesel, der vom Sound her jeden Treckerwettbewerb gewonnen hätte, fasste ich den Entschluss, mein Geld in das französische Qualitätsprodukt Peugeot 309 Diesel zu investieren. Vorher musste ich jedoch noch meinen treuen Käfer, der leider diverse Mängel an Lenkung, Stossdämpfern, Bremse, Auspuff, Heizbirnen und Motor aufwies, dafür mit einer frischen Hinterhoflackierung glänzte, für einen vernünftigen Preis an den Mann bringen. Erstaunlicherweise konnte ich den Peugeot-Händler, in dessen hinterster Ecke exakt mein Wunsch-309er vor sich hingammelte, überzeugen, den Käfer für 4000,- Schleifen in Zahlung zu nehmen, so daß ich für den Peugeot nicht mehr viel drauflegen mussste. Stolz wie Oskar fuhr ich vom Hof des Händlers, endlich hatte ich ein unfallfreies Auto mit einem Tachostand unter 100.000km.

309 im finalen Zustand mit Zusatztank und diversen Unfallschäden
Leider währte die Freude am quasi jungfräulichen Zustand des Peugeot's nicht sonderlich lange, weil ein Citroen XM vor mir an einer auf Gelb gesprungenen Ampel eine Vollbremsung hinlegte, während ich gerade durchstarten wollte. Die kaltverformte Frontpartie liess ich fachmännisch für 250,- DM bei einem anerkannten Bochumer Karosseriespezialisten (ein Meister des Vorschlaghammers) richten, danach konnte man auch wieder die Motorhaube ohne rabiaten Krafteinsatz öffnen.
In den darauffolgenden Jahren leistete mir der 309 erstaunlich treue Dienste, abgesehen von den ewig defekten Antriebswellen (kann das was mit meiner Fahrweise zu tun haben?) waren nur wenige Defeke zu vermelden, die allesamt unter normalen Verschleiss fielen. Besonders Klasse war der laufruhige, durchzugsstarke, aber dennoch mit 4 bis 8 Litern Verbrauch supersparsame Dieselmotor. Die einzige Panne ereilte meinem Kollegen Hilmar, während wir auf der Rückfahrt vom 24h Rennen in LeMans waren: Das Regelgestänge der Einspritzpumpe hatte sich aus Verschleissgründen verabschiedet, so daß die Kiste nur noch mit einem Spitzentempo von 50km/h und einer riesigen Rußwolke weiterzuckelte. Mit einigen zusammengeknoteten Luftballons liessen sich die Regelstangen aber provisorisch zusammenflicken, wider Erwarten hielt die Reperatur auch noch die 500km bis zu meinem neuem Heimatort München.

Mittlerweile zeigten sich nach über 200.000 zurückgelegten Kilometern doch einige Schwachstellen, wie z.B. die schiefziehende Bremse, die in Kurven rumorenden Radlager oder der defekte Wärmetauscher, der bei eingeschalteter Heizung fleissig Kühlwasser in den Innenraum spritzte. Dadurch sank natürlich die Hemmschwelle, den Wagen einigen Experimenten zu unterziehen, immer weiter. Weil ich seit 2000 in München arbeite, aber noch relativ oft am Wochenende nach Hattingen (südlich von Bochum) pendel, war ich letztes Jahr von den immer teurer werdenden Dieselpreisen ziemlich genervt.
Angeregt durch den Salatöl-Golf-Diesel aus der AutoBild, wollte ich das Salatöl auch mal in meinem Peugeot testen. Also hin zum Aldi, 45 Flaschen vom guten Brölio für 1,09DM pro Flasche gekauft und direkt vor dem Laden in den Tank gekippt. Und siehe da, zunächst lief die Kiste tatsächlich. Angenehmer Nebeneffekt war ein leckerer Frittenduft aus dem Auspuff, von dem besonders die nachfolgenden Autos profitierten. Frohen Mutes begann ich die 630km weite Fahrt nach Hattingen, mit einem Grinsen auf dem Gesicht cruiste ich bei Tacho 180 über die Bahn gen Heimat.
mit Salatöl fuhr der 309 nicht annähernd so schnell wie hier ...
Nach ca. 100km reduzierte sich das maximale Tempo jedoch auf ca. Tacho 160. Naja, was solls, dachte ich mir, dafür fahr ich ja schön billig. Erste Zweifel an der Aktion kamen mir, als noch 350km zu fahren waren und die Kiste trotz Vollgas nicht mehr als 120km/h laufen wollte. Mittlerweile machte sogar das Überholen von LKW's Mühe, dafür konnte ich im Rückspiegel eine kräftige Rauchwolke sehen, die von den nachfolgenden Autos mit heftigen Einsatz der Lichthupe honoriert wurde. Die ganze Lage spitzte sich immer weiter zu, richtig übel wurde es, als ich in einer Baustelle auf der A45 bergauf nicht mehr als 35km/h bei Vollgas im zweiten Gang schaffte und beinahe von einem 38-Tonner-LKW übersehen worden wäre. Zum Glück schaffte ich es gerade noch bis zur nächsten Raststätte und nach dem Auffüllen des Tanks mit Diesel lief der Peugeot wieder einwandfrei.

Einige Monate später stellte sich dann heraus, woran das Problem gelegen hatte: Der Motor zog irgendwo Luft in die Dieselleitung zur Einpspritzpumpe, mittlerweile wollte die Kiste auch mit Diesel nicht mehr so recht fahren, spätestens nach 500 Metern blieb das Auto immer stehen. Nach Austauschen der Dieselschläuche im Motorraum und des Filters zeigte sich immmer noch keine Besserung, also installierte ich mir kurzerhand einen 5-Liter Wasserkanister als Ersatztank über dem Beifahrersitz, der mit zwei Baumarktschläuchen durch das Fenster direkt mit der Einspritzpumpe verbunden war. Den Kanister hängte ich mit einer soliden Seilverbindung am Haltegriff über der Beifahrertür auf.

über dem Beifahrersitz installierter Ersatztank
Dummerweise war die Konstruktion doch nicht ganz so stabil, so daß mir in einer scharf gefahrenen Rechtskurve der fast volle 5l-Kanister runterplumpste und mir den gesamten Innenraum mit schmierigen Diesel versiffte. Das Auto stank danach wie ein Heizöllager, nur mit geöffnetem Fenster ließ sich die Dröhnung ertragen. Für die am Wochenende anstehende Rallye München-Hattingen wurde der Tank dann neu installiert, diesmal aber wirklich bombenfest.
Die 630km lange Fahrt verlief dann auch recht reibungslos, lästig war nur das Nachtanken alle 90 bis 100km, weil halt nicht mehr als 5 Liter in den Kanister reingingen. Besonders amüsant waren die Blicke der anderen Autofahrer an der Tankstelle, wenn ich durch das Seitenfenster den Kanister mit Diesel auffüllte. Zu Hause angekommen und nachdem mich meine Eltern für schwachsinnig erklärt hatten, zog ich dann neue Schläuche vom richtigen Tank bis zur Einspritzpumpe, danach lief das Auto wieder und ich konnte den Zusatztank entfernen.
zum Tanken mußte man einfach das Fenster runterkurbeln ...
Leider zeichnete sich hier schon das Ende unserer Beziehung ab. Der nicht mehr zu entfernende Dieselgestank im Innenraum, insgesamt fünf Unfallschäden, diverse andere Mängel und ein Rest-TÜV von sechs Wochen sprachen leider eine eindeutige Sprache. So habe ich den 309 schweren Herzens für 350,- DM an einen Araber verkauft, der den Wagen zum Ausschlachten nach Frankreich bringen wollte.

Insgesamt habe ich mit keinem anderen Auto soviel Spaß gehabt, wie mit dem Peugeot. Die gesamten Erlebnisse, wie z.B. der abgefackelte hintere Stoßfänger, als mir das Endstück vom Auspuff abgerostet ist oder die Erkenntnis, daß sich defekte Kühler doch nicht mit Metallspachtel reparieren lassen, würden den Rahmen hier sprengen. Möge seine treue Seele in den Fahrzeugen weiterleben, die seine ausgeschlachteten Teile erhalten haben.

Fabian