Fredrika Gers:
Bremsen, wenn mann könnte...

Mein erstes Auto war ein gelber Fiat 500 mit Sonnendach. Er hat irgendwas um die 750,-DM gekostet oder waren es 1.750,-DM? Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall, ich war 18 und er war auch nicht viel jünger. Das Problem war, daß er genau so wenig Auto fahren konnte wie ich. Das heißt, ihm fehlten einige Bestandteile, die man normalerweise an einem Auto erwartet. Dinge wie Profil auf den Reifen und Beläge auf den Bremsen. Und während der Fahrt sprang oft einfach der Gang raus. Besonders, wenn man bergan fuhr oder mehr als eine Person im Auto saß. Das war ihm einfach zu anstrengend, er hatte ja nur 18 PS.
Leider wohnte ich zu der Zeit in Hamburg-Blankenese, und zwar eher unten. Zur Berufsschule mußte ich jeden Morgen als erstes einen steilen Berg rauf, der hieß Am Eiland. Ach ja, bevor ich losfahren konnte, mußte ich das Autochen erstmal aufwecken. Das heißt, ich mußte minutenlang im Leerlauf Gas geben, bis der Motor warm genug war. Die Nachbarschaft war davon sehr begeistert.
Dann fuhr ich also los, den Berg hoch. Dabei hielt ich mit einer Hand krampfhaft den Schalthebel fest. Manchmal passierte es jedoch, das statt des Schalthebels irgendwas anderes abfiel, zum Beispiel das Zündkabel von einem der beiden Zylinder. Damit fielen dann also 50 % der Leistung aus und ich hatte nur noch 9 PS. Ich habe dieses Kabel dann später mit einem Gummiband und einem kleinen Stöckchen befestigt.
Im Herbst hatte ich mit dem Fiat meinen ersten Unfall. Ich fuhr mit mindestens 50 km/h in eine Kurve, in der welkes, feuchtes Laub auf der Straße lag. Vor mir fuhr - etwas langsamer - ein LKW. Ich bremste natürlich. Aber das Auto nicht. Mir praktisch unverminderter Geschwindigkeit rutschte ich dem LKW hinten rein. Der LKW-Fahrer stieg aus und wunderte sich. Aber da sein Wagen nicht den kleinsten Kratzer hatte, nahm er die Sache nicht weiter tragisch. Mein Kleiner hingegen hatte fortan eine leicht verbeulte Schnauze. Ich habe ihm daraufhin auch neue Räder spendiert. Das half allerdings nicht viel, irgendwie weigerte er sich weiterhin zu bremsen.
Einige Zeit später fuhr ich auf der Königstraße, einer vielbefahrenen, vierspurigen Hauptverkehrsader in Hamburg St.-Pauli. Vor mir fuhr ein VW Golf. Etwas weiter vorn stand ein Bus in einer Haltebucht. Kurz bevor der Golf ihn erreicht hatte, fing er an zu blinken. Ich dachte, der Golf würde vorbeifahren, doch der Fahrer stieg in die Eisen. Und ich fuhr ihm mit Karacho hinten drauf. Mein Fiat wollte einfach nicht bremsen. Der Fahrer des anderen Wagens war übrigens Polizist. Bei ihm waren so um die 3.000,- Mark Schaden, bei mir 750,-DM oder 1.750,-DM, je nachdem. Auf jeden Fall Totalschaden. Tja, so tragisch endet die Geschichte meines ersten Autos.






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