Hannes:

Eine Ente und kein Führerschein

Eigentlich hätte es ja eine Ente werden sollen, mein erstes Auto. Wurde es auch, denn schon etwa 7 Jahre vor meinem Führerschein bekam ich so ein Gefährt von meinem Onkel quasi geschenkt. Mit diesem Auto lernte ich das Autofahren, wurde mit den Regeln der Kaltverformung von Blech (Stoßtange, Kotflügel, ect. contra Hauswand, gegnerische Stoßstange usw...) vertraut gemacht (learning by doing nennt sich das fachsprachlich) und obwohl seit dieser Zeit nie angemeldet, gönnte ich ihr auch mal eine Ausfahrt abseits des großelterlichen Privatparkplatzes.
Dass dies nicht so ganz legal war, spielte ja keine Rolle, ich hatte ja noch keinen Führerschein, der mir deshalb abgenommen werden konnte. Die Reifen waren glatt wie das Gesicht eines inzwischen verarmten Popstars nach einer geglückten Operation, nur ein bisschen spröder, der Luftdruck auf geländetauglich (ziemlich Platt) getrimmt, und die Bremsen, na ja, sie schienen noch zu funktionieren. Beste Vorraussetzungen also für eine kleine Spazierfahrt durch den Ort. Nicht ohne davor noch den Zustand des Fahrgestells unter die Lupe zu nehmen: Alles OK, Edelrost, Stahlfrei. Motor an (der lief immer wie ne eins, zur Not auch auf einem seiner zwei Zylinderchen) und aufi geht's.
Erstaunlich, wie gut so ein Donald noch flattern kann, wenn er schon seit einem halben Jahrzehnt nur noch so vor sich her geschnarcht hatte. Die Ente schien so vital, als wolle sie ihre stillgelegte Zeit nun an einem Tag wieder einholen. Ich gönnte ihr das Vergnügen. Der Sound war grandios, es muss wohl daran gelegen haben, dass der Auspuff auf Höhe der Fahrertüren abgefault war. Nachdem ich nun genug Nachbarn zum dumm glotzen verholfen habe, fuhr ich wieder auf den Hof, um ihr mal wieder ihr stark eingestaubtes Federkleid zu waschen.
Ich weiß nicht, ob ich etwas zu viel gewaschen habe, auf jeden Fall ist es, sagen wir mal "very surprising" wenn man dann das Fahrzeug wieder einparken will (2 Meter vom "Waschplatz" bis zum Abstellplatz) und dann nicht mehr vom Fleck kommt, weil eine Antriebswelle auf einmal wie von Geisterhand abgerissen ist... Nicht auszudenken was gewesen wäre, wenn das mitten auf der Straße passiert wäre, ohne TÜV, ohne Versicherung, ohne Führerschein... So was nennt sich Timing ! Wahrscheinlich war es göttliche Fügung oder meine Ente wollte sich einfach nur aus überlebenstechnischen Gründen vor weiteren Ausfahrten dieses Kalibers schützen.
Diese Story hatte ich kurz vor meinem 18. Geburtstag erlebt. Ich hatte eigentlich geplant, sie wieder herzurichten, aber nach mehrmaliger Kostenkalkulation erwies sich das für mich als nicht finanzierbar. Dazu kam, dass sich just in dieser Zeit ein anderes lustiges KFZ fand, einen VW Jetta Bj. 1982, der bald darauf meiner werden sollte. So musste ich sie leider verkaufen. Es fand sich tatsächlich jemand, der ihr in absehbarer Zeit ein neues Leben mit neuem Rahmen ect. Schenken will. Ich bin schon mal gespannt, und werde bei Gelegenheit wieder berichten.





Text und Fotos: Hannes Januar 2003