Mein erstes Auto: Der Power-Polo

IN - ZM 67

Der Beginn

Dieses Auto erwarb ich im Februar 1989, drei Monate nach meinem 18. Geburtstag. Ich mußte dafür 1.150,- DM an einen Herrn mittleren Alters bezahlen, der das Auto als Winterauto nutzte. Es war ein VW Polo 1.1 l Baujahr 1978 mit 50 PS, weiß gestrichen oder gerollt, keine Ahnung. Nein nicht lackiert, lackiert waren nur die gelben Streifen.

Modelldarstellung
Ich wunderte mich bereits bei der Probefahrt über die erstaunliche Potenz des 50-PS Autos. Doch mangels Erfahrung dachte ich, daß sei normal bei nur 685 kg Leergewicht. Kurzum: die Karre ging wie Hölle. Knapp drei Monate später stellte sich bei einem außerplanmäßigen Werkstattbesuch auch der Grund dafür heraus. Irgendein begnadeter Vorbesitzer hatte den Zylinderkopf gegen ein anderes Teil aus dem VW-Regal getauscht und außerdem den Vergaser gewechselt. Der Polo schaffte auf jeden Fall locker 180 km/h.
So auch im September '89 als wir zu dritt auf dem Rückweg von Nürnberg waren. Kurz vor dem Rasthaus Köschinger Forst passierte es dann: es gab einen lauten Knall, aus der Motorhaube quoll etwas Rauch und die Lenkung funktionierte auch nicht mehr wie gewünscht. Also, rüber auf den Standstreifen und ausrollen lassen bis zum Rasthaus. Naja, an eine Weiterfahrt war jedenfalls nicht zu denken. Das Auto schleppten wir einen Tag später zu meinem Onkel, der kannte sich aus. Lichtmaschine regelrecht zerfetzt, LiMa-Halterung gebrochen, dadurch drückte dieselbe irgendwie auf die Lenkung. Nun ja, der Schaden wurde behoben und in Zukunft vermied ich es, schneller als 170 zu fahren. Ansonsten lief der Wagen relativ problemlos, von thermischen Problemen des Motors im Sommer einmal abgesehen. Leider nur bis zum 31. April 1990.
 

Das Ende

war ziemlich spektakulär. Es ereignete sich in einem kleinen Dorf in Oberbayern. Für ortskundige: Gerolfing bei Ingolstadt. Wir waren auf dem Weg zu einem Kumpel, übrigens die gleiche Besatzung wie damals auf der Autobahn: Stefan, Alex und ich natürlich. Es geschah also an jenem 31. April 1990, ca. 17.45 Uhr, die Sonne stand ziemlich tief, zu tief wie sich herausstellen sollte. Wir fuhren auf der Hauptstraße durch den Ort, Anne Clark dröhnte aus den Boxen und es entstand folgender Dialog:
"Scheiß Sonne. Siehst Du eigentlich was?"
"Nee, warum! Du?"
"Ich seh auch nix. Ich dachte bloß!"
Als dann urplötzlich im Schatten eines alten Bauernhauses ein auf den ersten Blick eigentümlich aussehender Eisenhaufen auftauchte, war es auch schon zu spät meine Fahrweise den Sichtverhältnissen anzupassen. Die sofort eingeleitete Vollbremsung brachte nicht mehr den gewünschten Erfolg. Tja, es krachte.

Auchn Modell ;-)
Es krachte kräftig. Als wir standen, sah ich auch warum. Auf der Straße stand ein Traktor, daran angehängt: ein "Erdreichfurchenziehgerät". Der Polo war Schrott, uns zum Glück nichts passiert. Der Bauer kam sofort aus dem Stall gelaufen und schrie:"Meine Egge, meine Egge und das mitten in der Ernte!" - Kein Witz!!! - Er hielt es zunächst nicht einmal für nötig sich nach unserem Wohlbefinden zu erkundigen, er hatte nur Angst um sein bescheuertes Erdreichfurchenziehgerät. Er rief natürlich die Polizei, was ich eigentlich vermeiden wollte, da meine Reifen leider nicht mehr die erforderliche Mindestprofiltiefe aufwiesen. Als die Ordnungshüter kamen, wollten sie natürlich wissen, wie das passieren konnte, so ein Riesenteil kann man doch nicht übersehen. Mein Hinweis auf die tiefstehende Sonne klang zu diesem Zeitpunkt wohl etwas merkwürdig, dieselbe war längst untergegangen. Nach der Androhung eines Bußgeldes wegen "nicht angebrachter Fahrweise" oder so ähnlich wagte ich es, auch eine Frage zu stellen: "Darf man so ein Gerät mit dieser Breite überhaupt auf der Straße abstellen?" "Natürlich, wir sind doch hier auf dem Land!" Das saß, ich ersparte mir dann weitere Diskussionen mit den witzigen Herrn in Uniform und bat darum, mir einen Abschleppwagen zu bestellen. Das war das Ende meines Power-Polo's.

Günther Berthold