Der Santana 'Rolling Dustbin' GX
Wir beide haben echt die halbe Welt gesehn - all die Jahre lang
Hinten im Fond hab ich Lisa rumgekriegt - auf der Rücksitzbank
Und durch tausend kleine Löcher im Dach konnte ich den Himmel sehn
Pass gut auf dich auf, ich muß jetzt leider gehn - wir war'n ein gutes Team
(Nelsons Wedding - Gutes Team)
An seinen ersten Wagen denkt wohl jeder mit etwas Wehmut zurück. Mein erster Wagen war ein 83er VW Santana. Die für mich herausragendste Eigenschaft dieser Wolfsburger Luxuskarosse war das gigantische Müllzuladevolumen. Wenn ich bedenke, was ich so alles im Kofferraum durch die Gegend gefahren habe! Normalerweise stapelte sich in diesem das Altpapier der letzten drei Monate. 'Das werfe ich in den Container, wenn ich mal wieder an einem vorbeifahre', sagte ich immer. Ich passierte ungefähr jeden Tag einen solchen Container, fand aber im entscheiden Augenblick nie die Bremse. Da die meisten Papiercontainer direkt neben denen für Leergut stehen, war die Situation auch auf mein Altglas zu übertragen. An manchen Tagen übertönte in engen Kurven die aus dem Kofferraum kommende Geräuschkulisse sogar das Autoradio. Trotzdem blieb immer noch genügend Platz für die Werkzeugtasche, Überbrückungskabel, diverse Pappkartons, die Einkäufe und für eine Kiste Bier. Enorm war auch das Raumangebot im Fond. Scheinbar endlos konnte ich aus Zeitschriften gefallene Prospekte, Werbezettel, diverse Aktenordner und sonstigen Krempel im Fußraum stapeln, bis die Ausmist-Markierung (Unterkante Sitzbank) erreicht wurde. Einfach toll. |
Kohle war wohl unser Dauerproblem, meistens war'n wir blank
Alles an Dir war 'ne Nummer zu groß, leider auch Dein Tank
Aber irgendwie hat es immer gereicht für mein Bier und Dein Benzin
Wenn gar nichts mehr ging, haben wir uns was gelieh'n - wir war'n ein gutes Team
(Nelsons Wedding - Gutes Team)
An diesem Wagen klebt der Schmutz eines Jahres. Wer findet ihn? | Die Lackierung war wie geschaffen für den Wagen - sie schien den Dreck praktisch zu absorbieren. Die Permanentschmutzschicht, die ihn überzog, war wie unsichtbar. Dennoch, einmal im Jahr wurde er von mir gewaschen, ob es nun nötig war oder nicht. Das war nicht immer so. In früheren Zeiten hatte der grüne Nobel-Hobel durchaus des öfteren Wasser und Lauge gesehen. Mein Bruder, der meinen Schlitten gelegentlich mitbenutzte, wusch ihn immer, wenn er sich zu sehr schämte, darin gesehen zu werden. |
Dieser kostenlose Service entfiel, nachdem er sich ein eigenes Auto gekauft hatte. Dieses wusch er, wie jeder gute Deutsche, jedes Wochenende voller Inbrunst. Für mich war es jedesmal ein Quell ewiger Freude zu sehen, wie sich an seiner Karre schon zwei Tage nach der Wäsche jedes Staubkorn einzeln auf dem Lack abzeichnete, während meiner, obwohl seit Monaten nicht gewaschen, wie frisch poliert vor der Türe stand. Ganz anders mein Neuer. Dieser hat eine ziemlich seltsame, kaum definierbare Lackierung aus grün und blau. Schon wenige Stunden nach der Wäsche könnte man meinen, er hätte eine Rallye durch die Sahara hinter sich. Schlimm genug, dass er den Straßendreck magisch anzieht, er animiert auch noch die Vögel zum Zielscheissen. Aber mindestens dreimal wöchentlich - darauf kann man Wetten abschließen. Auf meinen Alten hat nie ein Vogel geschissen - wirklich niemals (Ok, ab und zu ein verirrter Kleckser, aber wirklich nur ganz selten mal). |
Jetzt ist es soweit, das Spiel ist aus, sie haben uns drangekriegt.
Irgendso'n Typ mit 'ner grünen Uniform hat Dich stillgelegt.
Dieser Platz hier ist das Ende der Welt - Mann' wo bringen die Dich hin
Was soll ich bloss tun, was mach ich ohne Dich - Wir war'n ein gutes Team
(Nelsons Wedding - Gutes Team)
Obwohl die Wartung nur auf Bremsen, Licht, Reifen und Öl beschränkt blieb, erwies sich dieser Wagen als unzerstörbar - seinen 289.000 Km Laufleistung mit Originalteilen zum Trotze. Es erfüllte mich immer mit Freude, wenn mein Wolfsburger Bolide an den beinahe fabrikneuen Stuttgarter oder Münchener Luxuskarossen vorbeifuhr, welche mit eingeschalteter Warnblinkanlage die Seitenstreifen deutscher Autobahnen besetzten. Nur zweimal kam es dazu, daß ich selber mal liegenblieb. |
Schöner Wohnen im Santana |
Dafür erregten beide Pannen große Aufmerksamkeit. Beim erstem Mal entdeckte ich auf dem Parkplatz des Bochumer Ruhr-Parks eine große Wasserlache unter dem Fahrzeug - ein Leck im Kühlsystem. Telefonisch orderte ich Ersatzmaterial und einen großen 25l-Kanister voll Wasser und machte mich daran, das Leck abzudichten. Großzügig kippte ich das Wasser nach, wusch mir meine Hände damit und ein lustig plätscherndes Bächlein bewegte sich von meinem Fahrzeug zum nächsten Gully hin. Trotzdem war ich überrascht, als plötzlich drei Fahrzeuge eines privaten Wachdienstes mit quietschenden Reifen vor, hinter und neben mir zum stehen kamen. Es kostete einiges an Überzeugungsarbeit, denen klarzumachen, das es sich dabei lediglich um Wasser handelte. Beim zweiten Mal riß der Zahnriemen. Es war jedoch ein strategischen Fehler, meinen Vater zum abschleppen zu rufen. Dieser kam auch, war aber der festen Überzeugung, dass mein Tank leer wäre. Sämtliche Versuche meinerseits, ihm vom Gegenteil zu überzeugen, schlugen fehl. Glaubt mir, nichts ist peinlicher, als auf belebter Straße liegenzubleiben und dann Benzin nachzufüllen. Nachdem die Ursache aber erkannt war, gestaltete sich die Reparatur als denkbar einfach: Einfach den neuen Riemen angeflanscht und fertig. Selbst die Einstellarbeit erübrigte sich - gutes Auto. |
Warum nur KLE - Der Santana BSE
Aber beim Kilometerstand 289.000 beginnt man langsam aber sicher über die weitere Lebenserwartung von Motor, Getriebe und Kupplung nachzudenken. Als der Besuch beim TÜV mal wieder anstand, habe ich ihn aus taktischen Überlegungen heraus gegen ein italienisches Modell ausgetauscht. Aber nicht ohne eine Träne im Auge. |